RAUHNACHT NO.3
Die ersten beiden Rauhnacht-Ausgaben haben bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen, aber dann wurde es erst mal für lange Zeit sehr still um dieses Fanzine. Die Sendepause dauerte so lange, dass ich mittlerweile schon gar nicht mehr mit einer neuen Ausgabe rechnete. Aber 2014 ist es nun endlich wieder soweit, und Jan beehrt uns mit der dritten Ausgabe seines Hefts. Im Rauhnacht geht es, grob gesagt, um düstere Musik, ohne dass man sich dabei großartig um Genregrenzen kümmern würde. Ob Black Metal wie Pantheion, Folkloristisches wie Neun Welten oder eher Elektronisches – hier wird ohne Scheuklappen alles vorgestellt, was dem Herausgeber zusagt und ins Konzept passt. So kommen natürlich auch Bands zu Wort, die sich selbst wenig um Stilkategorien kümmern, gern mal experimentieren und über den Tellerrand schauen – wie hier z.B. Red Apollo, die als eine Mixtur aus Black Metal, Sludge und Hardcore vorgestellt werden. Auch wenn mich vielleicht musikalisch nicht alle interviewten Bands ansprechen, finde ich das Rauhnacht dank der tiefgründigen und eigensinnigen Herangehensweise rundum lesenswert. Herausgeber Jan hat wieder alles im Alleingang gestemmt und hat es einfach drauf, interessante Interviews abseits des Standards zu führen. Jede Band wird mit gut durchdachten Fragen konfrontiert, die im Idealfall sowohl die Befragten als auch den Leser öfters mal zum Nachdenken anregen. So kommen hier ungewöhnliche, teils recht persönliche und angenehm klischeefreie Artikel zustande, in denen öfters ganz grundlegende Fragen aufgeworfen werden. Gerade im Black Metal Bereich wird man ja andernorts gern mit hohlen Phrasen abgefüttert, aber davon ist im Rauhnacht keine Spur zu entdecken. So fallen zum Beispiel im Interview mit den Namensvettern der österreichischen Band Rauhnacht nicht nur die kritischen Fragen positiv auf – sondern es stellt sich heraus, dass die Band alles andere als empfindlich reagiert und mit aussagekräftigen Antworten kontert. Gerade ein solcher Gedankenaustausch, der nichts mit coolem „ich bin böser als du“ -Gepose zu tun hat, macht das Rauhnacht zu etwas Besonderem. Angenehm ist auch, dass Jan trotz seiner recht persönlichen  Herangehensweise nie sein Ego in den Vordergrund schiebt, wie es manch anderer Schreiberling tut, der sich auf seine Meinung übermäßig was einbildet. In dieser Hinsicht kommt das Rauhnacht eher zurückhaltend rüber. Das merkt man schon daran, dass am Anfang des Hefts kein klassisches Vorwort steht, sondern ein Textausschnitt von Adalbert Stifter. Das mag erst mal eigenwillig und gewagt wirken, aber ich finde, die naturmystische, spannungsvolle Atmosphäre des Texts passt gut zum Inhalt des Zines. Die Interviews (neben den bereits genannten Bands kommen noch Dram/Svanevit, Skardus/Syrgdr Skógr, Ecce Ancilla Domini, Gruenewald, Nadja, Havnatt, Mosaic und Drengskapur zu Wort) bilden das Herzstück des Hefts, danach gibt’s noch ein paar handverlesene Reviews. Hier ist der musikalische Rahmen noch weiter gesteckt als bei den Interviews, und Aktualität spielt keine Rolle. So werden neben brandneuen Veröffentlichungen auch einige Werke vorgestellt, die zehn Jahre und mehr auf dem Buckel haben –  aber eben durch ihre Langzeitwirkung dauerhaft begeistern konnten . Macht durchaus Sinn, denn über manchen Geheimtipp stolpert man ja tatsächlich erst mit gewaltiger Verspätung, ohne dass das der Faszination Abbruch tun könnte. Nach den Reviews gibt’s noch einen Ausflug in die Welt der Literatur. Auf zwei „normale“ Buchvorstellungen folgt noch eine längere Abhandlung zum Gesamtwerk des Autors W.G. Sebald, die für viele Leser wohl etwas zu viel des Guten sein dürfte. Das Essay schweift schon ins Literaturwissenschaftliche ab und verlangt einem beim Lesen weitaus mehr Konzentration ab als der Rest des Hefts. Denn während die musikbezogenen Artikel bei allem Anspruch immer eine gewisse Unmittelbarkeit bewahren, die einen leichten Zugang ermöglicht, wird es hier arg theoretisch. Schwere Kost also, von der man sich allerdings nicht abschrecken lassen sollte. Insgesamt ist Jan wieder eine absolut empfehlenswerte Ausgabe gelungen, die nahtlos an die Vorgänger anschließt. Auch optisch finde ich das Rauhnacht sehr ansprechend: Schon allein das stimmungsvolle Landschaftsgemälde auf dem Cover macht echt was her. Auch im Innenteil finden sich viele Naturmotive und nur ein einziges Bandfoto. So gibt es auch dieses Mal wieder weitaus mehr Pflanzen als Menschen zu sehen. Das Layout ist dabei sehr simpel und übersichtlich ohne großen Schnickschnack gestaltet.Auch optisch konzentriert man sich also aufs Wesentliche. Wer auf düstere Musik steht, nichts gegen einen Blick über den Tellerrand einzuwenden hat und vielleicht auch mal eingefahrene Denkmuster hinterfragen will, ohne  mit erhobenem Zeigefinger belehrt zu werden, der sollte sich dieses Heft unbedingt zulegen.
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